sic! 2012 Ausgabe 4
FRÉDÉRIC BRAND*

EuGH zur Zurückhaltung von Waren im Transit oder im Zolllager durch die Zollbehörden wegen möglicher Verletzungen von Schutzrechten sowie zur Feststellung, dass solche Waren tatsächlich Schutzrechte verletzen

Mit Urteil vom 1. Dezember 2011 hat sich der EuGH zu den Voraussetzungen geäussert, unter denen Zollbehörden Waren vorläufig zurückhalten können, die sich in der EU auf der Durchfuhr in Drittstaaten oder in einem Zolllager befinden und die im Verdacht stehen, als «nachgeahmte» bzw. «unerlaubt hergestellte Waren» in der EU wirksame Schutzrechte Dritter zu verletzen. Sodann hat der EuGH auch erläutert, unter welchen Voraussetzungen in einem Erkenntnisverfahren festgestellt werden kann, dass derartige Waren die Schutzrechte eines Dritten tatsächlich verletzen.
Demnach können Zollbehörden solche Waren vorläufig zurückhalten, wenn Anhaltspunkte für einen begründeten Verdacht auf eine mögliche Schutzrechtsverletzung vorliegen. Solche Verdachtsmomente können sich nicht nur auf einen diese Waren betreffenden Verkauf, eine Verkaufsofferte oder eine Werbung an Abnehmer in der EU beziehen. Auch Anhaltspunkte dafür, dass die an der Herstellung und am Versand der Ware Beteiligten entweder beabsichtigen, die Ware zu Verbrauchern in der EU umzuleiten oder aber ihre wahren Handelsabsichten verschleiern, vermögen eine vorläufige Zurückhaltung zu rechtfertigen.
Der EuGH hält weiter fest, dass eine Schutzrechtsverletzung dann vorliegt, wenn solche Waren bereits Gegenstand einer an die Verbraucher in der EU gerichteten geschäftlichen Handlung (wie eines Verkaufs, eines Verkaufsangebots oder einer Werbung) sind, oder wenn seitens der betreffenden Marktteilnehmer die Absicht besteht, diese Ware zu Verbrauchern in der EU umzuleiten. Solche Umstände müssen vom Schutzrechtsinhaber bewiesen werden, damit eine Verletzung seiner Rechte festgestellt werden kann. Damit lehnt der EuGH die sogenannte Fiktionstheorie ab, nach der ein solches Sachurteil auch gestützt auf die Fiktion möglich sein soll, wonach die betreffenden Waren in jenem Staat hergestellt wurden, in dem sie von den Zollbehörden vorläufig zurückgehalten werden. [Volltext]


Dans une décision rendue le 1er décembre 2011, la CJUE s’est prononcée sur les conditions auxquelles les autorités douanières peuvent retenir momentanément des marchandises qui se trouvent dans un pays membre de l’UE en transit vers des Etats tiers ou dans des entrepôts de douane et qui sont soupçonnées de porter atteinte à des droits de propriété intellectuelle. La CJUE a également précisé à quelles conditions on peut faire constater que de telles marchandises portent effectivement atteinte à des droits de propriété intellectuelle de tiers.
Les autorités douanières peuvent retenir de telles marchandises lorsqu’il existe des indices permettant de soupçonner une atteinte à des droits de propriété intellectuelle. De tels soupçons peuvent se manifester non seulement en cas de mise en vente ou de publicité à destination de consommateurs de l’UE, mais aussi lorsqu’il existe des indices démontrant soit que les tiers impliqués dans la fabrication et la distribution des marchandises envisagent de détourner la marchandise vers des consommateurs de l’UE, soit qu’ils dissimulent leurs véritables objectifs commerciaux.
La CJUE admet également l’existence d’une atteinte à des droits de propriété intellectuelle lorsque de telles marchandises font déjà l’objet d’activités commerciales destinées aux consommateurs de l’UE (telles que vente, offre de vente ou publicité) ou lorsqu’il existe une intention de détourner ces marchandises vers des consommateurs de l’UE. De telles circonstances doivent être prouvées par le titulaire pour qu’on puisse constater une atteinte à ses droits. Ainsi, la CJUE rejette la théorie de la fiction selon laquelle une telle décision au fond pourrait être rendue en considérant que les marchandises seraient réputées fabriquées dans l’Etat dans lequel elles ont été retenues. [texte complet]



* lic. iur., Rechtsanwalt, LL.M., Zürich.

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