sic! 2002 Ausgabe 2
MICHAEL DEGKWITZ*

Zwischenrechte. Rechtsposition von Marken, die nach Ablauf der Benutzungsschonfrist, aber vor der Benutzungsaufnahme einer registrierten Marke angemeldet werden

Die so genannten Zwischenrechte sind im Markenbereich ein relativ häufiges Phänomen. Die Zwischenrechte sind aber im MSchG nicht geregelt und wurden auch vom Gesetzgeber nicht bedacht. Es wäre nicht sachgerecht, die Zwischenrechte zurücktreten zu lassen, sobald die Benutzung der älteren Registrierung aufgenommen wird. Nachfolgend wird gezeigt, welche Lösungsmöglichkeiten bestehen.

Les droits dits intermédiaires (droits de tiers nés dans l’intervalle entre la fin du délai de grâce pour l’utilisation d’une marque et le début ou le recommencement de l’usage) constituent un phénomène relativement courant en matière de marques. Ils ne sont pas réglés dans la LPM et leur existence n’a pas été envisagée par le législateur. Il ne serait pas judicieux de les frapper de nullité dès que l’usage de la marque faisant l’objet de l’enregistrement antérieur a commencé. Cet article présente les solutions existantes.

I.      Verspätete Benutzungsaufnahme
II.     Entstehen von Zwischenrechten
III.    Gründe für die Änderung im neuen Gesetz
IV.    Die EU-Harmonisierungsrichtlinie
V.     Blick über die Grenze
VI.    Auslegung des Art. 12 Abs. 2 MSchG
VII.   Löst Art. 12 Abs. 1 MSchG das Problem für den Inhaber des Zwischen-Rechtes?
VIII.  Problemlösung bei benutzten Zwischenrechten
         
1. Verwirkung
         2. Weiterbenutzungsrecht
IX.    Problemlösung bei nicht benutzte Zwischenrechten
Zusammenfassung / Résumé

I. Verspätete Benutzungsaufnahme
Marken müssen in den ersten fünf Jahren nicht benutzt und die einmal aufgenommene Benutzung kann jederzeit für fünf Jahre unterbrochen werden. Auch nach Ablauf dieser fünfjährigen Schonfrist verfallen die Markenrechte nur, wenn von einem Dritten die Nichtbenutzung geltend gemacht wird. Es ist daher möglich und kommt relativ häufig vor, dass die Benutzung erst nach Ablauf der Schonfrist aufgenommen wird. Es stellt sich in diesen Fällen die Frage, welche Rechtsfolge die verspätete (Wieder-)Aufnahme der Benutzung hat. Im alten Markenschutzgesetz führte die verspätete Benutzungsaufnahme dazu, dass die Marke ab dem Datum der verspäteten Benutzungsaufnahme wieder geschützt war.
In dem Entwurf zum neuen Markenschutzgesetz lautete die entsprechende Formulierung in Art. 12 Abs. 2 (Hervorhebung durch den Verfasser):
«Wird der Gebrauch der Marke nach mehr als fünf Jahren erstmals oder erneut aufgenommen, so lebt das Markenrecht mit Wirkung vom Zeitpunkt der erstmaligen oder erneuten Aufnahme des Gebrauches an wieder auf, sofern vor diesem Zeitpunkt niemand den Nichtgebrauch der Marke nach Abs. 1 geltend gemacht hat.1»
Diese Formulierung wurde aufgrund der Beratung im Nationalrat jedoch geändert. Art. 12 Abs. 2 des in Kraft getretenen Gesetzes lautet nun (Hervorhebung durch den Verfasser):
«Wird der Gebrauch der Marke nach mehr als fünf Jahren erstmals oder erneut aufgenommen, so lebt das Markenrecht mit Wirkung der ursprünglichen Priorität wieder auf, sofern vor dem Zeitpunkt der erstmaligen oder erneuten Aufnahme des Gebrauches niemand den Nichtgebrauch der Marke nach Abs. 1 geltend gemacht hat.»
Das geltende Gesetz regelt also die Rechtsfolge der verspäteten Benutzungsaufnahme anders als der ursprüngliche Entwurf. Es gilt der Grundsatz, dass die Marke mit der ursprünglichen Priorität wieder auflebt.

II. Entstehen von Zwischenrechten
Problematisch ist diese Regelung im Hinblick auf die so genannten Zwischenrechte. Zwischenrechte sind Markenrechte Dritter, die während des Zeitraumes der Löschungsreife einer Marke entstanden sind, wie folgendes Beispiel zeigt. Die registrierte Marke A wurde während der Benutzungsschonfrist nicht benutzt. Nach Ablauf der Benutzungsschonfrist wird eine Marke B angemeldet und registriert. Erst nach Anmeldung der Marke B wird die Benutzung der Marke A aufgenommen.
Wenn die verspätete Benutzungsaufnahme für die Marke A die Rechtsfolge hat, dass diese Marke mit der ursprünglichen Priorität wieder auflebt, dann ist die Marke A gegenüber der Marke B älter. Wendet man diese Regelung konsequent an, kann dies zur Folge haben, dass eine seit Jahren rechtmässig benutzte jüngere Marke plötzlich weichen muss, wenn eine ältere Marke, die unter Umständen während Jahren löschungsreif war, wieder auflebt. Dass dies zu höchst unbilligen Situationen führen kann, ist offensichtlich.
Nach dem alten Markenschutzgesetz stellte sich das Problem der Zwischenrechte nicht. Auch im Entwurf zum neuen Markenschutzgesetz war eine Heilung der nicht benutzten Marke nur mit Wirkung vom Zeitpunkt der nachträglichen Benutzungsaufnahme vorgesehen, sodass keine Regelung über die Zwischenrechte nötig war. Das Problem der Zwischenrechte entsteht nur bei rückwirkender Heilung, wie sie das neue Gesetz vorsieht, bei der die Marke mit der ursprünglichen Priorität wieder auflebt.

III. Gründe für die Änderung im neuen Gesetz
Es stellt sich daher die Frage, warum der Entwurf vom Gesetzgeber geändert wurde. Die Änderung wurde von der Kommissionsmehrheit des Nationalrates vorgeschlagen. Bundesrat Koller nahm in seinem Votum in der Beratung des Nationalrates vom 10. März 1992 dazu Stellung:
«Die entscheidende Änderung gegenüber Bundesrat und Ständerat findet sich zweifellos im Abs. 2 gemäss Kommissionsmehrheit. Denn dort ist jetzt richtigerweise in Übereinstimmung mit der Harmonisierungsrichtlinie der EG vorgesehen, dass die Marke, wenn sie nach einem Nichtgebrauch wieder auflebt, mit Wirkung ex tunc, also von Anbeginn an, gilt, weil sie nun neu gebraucht wird – und nicht mit Wirkung ex nunc, also erst von der Wiederaufnahme an. Darüber besteht glücklicherweise Einigkeit. Hier war eine Änderung nötig, um diese Deckung mit der Harmonisierungsrichtlinie zu erreichen, die ja – wie gesagt – zum Acquis Communautaire im Rahmen des EWR-Vertrages gehört.2»
Bekanntlich war man bei dem neuen Markenschutzgesetz sehr um Übereinstimmung mit der EU-Harmonisierungsrichtlinie bemüht.

IV. Die EU-Harmonisierungsrichtlinie
Die Benutzung, die Sanktionen wegen Nichtbenutzung und die verspätete Benutzungsaufnahme sind in den Artikeln 10 bis 12 der ersten Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (Harmonisierungsrichtlinie) geregelt. Art. 12 Abs. 1 lautet:
«Eine Marke wird für verfallen erklärt, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von fünf Jahren in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen; der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist (…)».
Für den Fall der verspäteten Benutzungsaufnahme bestimmt Art. 12 Abs. 1 Harmonisierungsrichtlinie lediglich, dass der Verfall der zunächst nicht benutzten Marke nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn die Benutzung in der Zwischenzeit aufgenommen wurde. Dagegen bestimmt die Vorschrift nicht oder zumindest nicht ausdrücklich, welche Position die Marke, deren Benutzung verspätet aufgenommen wurde, gegenüber anderen Marken insbesondere den Zwischenrechten hat.
Diese zwei Aspekte – Verfall der Marke und Position gegenüber den Zwischenrechten – sind voneinander zu unterscheiden. Dies zeigt sich an den folgenden gesetzlichen Regelungen.

V. Blick über die Grenze
Im Deutschen Markenschutzgesetz (DMarkenG) ist der Verfall der Marke in Übereinstimmung mit Art. 12 Abs. 1 Harmonisierungsrichtlinie geregelt. Gemäss § 49 Abs. 1 DMarkenG verfällt die Marke nicht bei einer verspäteten Benutzungsaufnahme. Nach § 51 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 55 Abs. 3 DMarkenG muss aber bei einer Löschungsklage der Inhaber der älteren Marke auf Einrede des beklagten Inhabers der jüngeren Marke beweisen, dass die ältere Marke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der jüngeren Marke benutzt war. War die ältere Marke zu diesem Zeitpunkt weder benutzt noch in der Benutzungsschonfrist, sondern löschungsreif, wird die Löschungsklage gegen die jüngere Marke abgewiesen. Dies führt insgesamt zu der Rechtslage, dass die ältere Marke gemäss § 49 DMarkenG zwar nicht verfällt, gemäss § 51 Abs. 4 Nr. 1 DMarkenG aber mit der jüngeren Marke koexistiert.
Eine entsprechende Regelung findet sich auch im Markenschutzgesetz der Benelux-Länder3.
Dass eine getrennte Regelung des Verfalls der Marke und der Position der Zwischenrechte möglich ist, zeigt sich auch in der Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMarkenV). Art. 50 GMarkenV entspricht Art. 12 Abs. 1 Harmonisierungsrichtlinie und bestimmt, dass die Marke bei verspäteter Benutzungsaufnahme nicht verfällt. Art. 56 GMarkenV bestimmt jedoch, dass bei einem Nichtigkeitsverfahren vor dem Amt der Inhaber der älteren Marke den Nachweis zu erbringen hat, dass seine Marke am Tage der Veröffentlichung der Anmeldung der jüngeren Marke benutzt war.

VI. Auslegung des Art. 12 Abs. 2 MSchG
Wie oben dargelegt, war Art. 12 Abs. 2 des Entwurfes zum neuen Markenschutzgesetz geändert worden, um die Übereinstimmung mit der Harmonisierungsrichtlinie zu erreichen. Es wurde aber nicht die Formulierung der Harmonisierungsrichtlinie, sondern die Formulierung des Entwurfes übernommen und nur der Teil «lebt das Markenrecht mit Wirkung vom Zeitpunkt der erstmaligen oder erneuten Aufnahme des Gebrauches an wieder auf» ersetzt durch «lebt das Markenrecht mit Wirkung der ursprünglichen Priorität wieder auf». Dadurch ist man mit dem Wortlaut über das gesteckte Ziel hinausgeschossen. Die Formulierung betrifft nicht wie die Harmonisierungsrichtlinie nur die Frage des Verfalls der Marke bei verspäteter Benutzungsaufnahme, sondern bestimmt, dass das Markenrecht mit der ursprünglichen Priorität wieder auflebt. Aufgrund des Wortlautes müsste man davon ausgehen, dass ältere Marken, deren Benutzung verspätet aufgenommen wurde, gegenüber Zwischenrechten prioritär sind. Die Frage der Zwischenrechte wurde aber vom Gesetzgeber weder beraten noch bedacht. Das Ziel war die Übereinstimmung mit der Harmonisierungsrichtlinie, nicht aber eine Regelung über die Zwischenrechte.

VII. Löst Art. 12 Abs. 1 MSchG das Problem für den Inhaber des Zwischenrechtes?

Der Inhaber des Zwischenrechtes ist auch nicht durch Art. 12 Abs. 1 MSchG genügend geschützt. Nach dieser Vorschrift kann die Nichtbenutzung der Marke nach Ablauf der Benutzungsschonfrist geltend gemacht werden.
Vor jeder Markenanmeldung sollte eine Nachforschung durchgeführt werden, um zu überprüfen, ob bereits identische oder ähnliche Marken bestehen. In aller Regel tauchen in der Nachforschung solche Marken auf, die sich jedoch teilweise nicht mehr in der Benutzungsschonfrist befinden. Über entsprechende private Anbieter kann man feststellen lassen, ob diese Marken in Benutzung sind. Falls diese Überprüfung ergibt, dass die Marken unbenutzt sind, hat der Anmelder die Möglichkeit, die Nichtbenutzung gemäss Art. 12 Abs. 1 MSchG geltend zu machen. Umstritten ist4, ob die Nichtbenutzung durch Klage geltend gemacht werden muss oder ob ein eingeschriebener Brief an den Inhaber der älteren Marke genügt. Selbst wenn man einen eingeschriebenen Brief genügen lässt, ist diese Lösung für den Anmelder nicht praktikabel.
Nahezu bei jeder Nachforschung taucht eine ganze Reihe von Marken auf, mit denen eine Verwechslungsgefahr bestehen könnte. Erfahrungsgemäss legt aber nur ein kleiner Teil der Inhaber dieser Marken Widerspruch ein oder erhebt Klage. Wenn der Anmelder bei allen potenziellen Gegnern die Nichtbenutzung geltend macht, wird er in vielen Fällen «schlafende Hunde wecken». Die oben erwähnten Benutzungsüberprüfungen können aus Kostengründen nicht jedes Detail abklären und sind daher nicht wirklich zuverlässig. Dies gilt insbesondere für Marken, beispielsweise im Bekleidungsbereich, die nur in bestimmten Regionen oder in sehr geringem Umfang verwendet werden. Zudem ergibt sich aus der Benutzungsüberprüfung häufig nur, ob die Marke zurzeit in Verwendung ist, nicht aber, ob sie vor drei, vier oder fünf Jahren verwendet wurde. Es ist daher sehr gut möglich, dass der Inhaber der älteren Marke nach Erhalt des eingeschriebenen Briefes gegenüber dem Anmelder die Nichtbenutzung bestreitet. Die Frage, ob die angebliche Benutzung der Marke tatsächlich rechtserhaltend ist, kann der Anmelder dann nur durch Klageerhebung klären.
Dies zeigt, dass die Möglichkeit, die Nichtbenutzung geltend zu machen, für den Anmelder keine befriedigende Lösung darstellt. Er müsste präventiv mehrere Konflikte «vom Zaun brechen», bevor er seine Marke anmeldet. Der einzig praktikable und auch praktizierte Weg ist aber, Marken nach der Durchführung von Ähnlichkeitsrecherchen und Benutzungsüberprüfungen anzumelden und dann abzuwarten, ob die Inhaber der älteren Marken Widerspruch einlegen oder allenfalls Klage erheben.

VIII. Problemlösung bei benutzten Zwischenrechten
Wenn der Gesetzgeber sich des Problems der Zwischenrechte bewusst gewesen wäre, hätte er nicht grundsätzlich den Vorrang den älteren Marken eingeräumt. Dies leuchtet besonders dann ein, wenn das Zwischenrecht zu dem Zeitpunkt, bei dem für die ältere Marke die Benutzung angenommen wird, bereits seit längerem benutzt wird.

1. Verwirkung
Die Harmonisierungsrichtlinie enthält eine ausdrückliche Bestimmung über die Verwirkung. Art. 9 Abs. 1 lautet:
«Hat in einem Mitgliedstaat der Inhaber einer älteren Marke im Sinne von Art. 4 Abs. 2 die Benutzung einer jüngeren eingetragenen Marke in diesem Mitgliedstaat während eines Zeitraums von fünf aufeinanderfolgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet, so kann er für die Waren oder Dienstleistungen, für die die jüngere Marke benutzt worden ist, aufgrund der älteren Marke weder die Ungültigerklärung der jüngeren Marke verlangen, noch sich ihrer Benutzung widersetzen, es sei denn, dass die Anmeldung der jüngeren Marke bösgläubig vorgenommen worden ist.»
Diese Bestimmung hat auch für die Zwischenrechte Bedeutung. Wenn das Zwischenrecht während fünf Jahren benutzt worden ist und der Inhaber der älteren Marke Kenntnis davon hatte, sind seine Rechtsansprüche gegen die jüngere Marke verwirkt. Dank dieser klaren gesetzlichen Regelung ist das Risiko, dass das Zwischenrecht bei verspäteter Benutzungsaufnahme der älteren Marke untergeht, zeitlich beschränkt.
Art. 9 Abs. 1 Harmonisierungsrichtlinie wurde nicht in das neue MSchG aufgenommen. Eine gesetzliche Regelung der Verwirkung findet sich im MSchG nicht. Die Verwirkung ist nach schweizerischer Rechtsauffassung ein Fall der missbräuchlichen Rechtsausübung gemäss Art. 2 ZGB5. Er wird in der Rechtsprechung nur mit äusserster Zurückhaltung bejaht. Der Zeitraum, nach dem die Rechtsprechung den Eintritt der Verwirkung annimmt, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. In der Regel sind aber acht oder mehr Jahre erforderlich.
Der Gesetzgeber hatte die Problematik nicht erkannt und war sich folglich nicht bewusst, dass dieser Zeitraum für die benutzten Zwischenrechte zu lang ist. Um die dadurch entstandene Gesetzeslücke zu füllen, ist für den Fall der benutzten Zwischenrechte die Verwirkung bereits nach einem kürzeren Zeitraum anzunehmen. Das Ziel des Gesetzgebers nach möglichst weitgehender Übereinstimmung mit der Harmonisierungsrichtlinie wäre zu erreichen, indem von einer Verwirkung in der Regel nach 5 Jahren ausgegangen würde. Selbstverständlich müssten alle übrigen Voraussetzungen der Verwirkung6 gemäss Art. 2 ZGB ebenfalls erfüllt sein, nämlich Inaktivität des Verletzten, Erkennbarkeit der Verletzung seitens des Verletzten, wertvoller Besitzstand des Verletzers und Gutgläubigkeit des Verletzers.

2. Weiterbenutzungsrecht
Aber auch für den Fall, in dem das Zwischenrecht erst seit einem kürzeren Zeitraum benutzt ist, wäre es stossend, wenn das Zwischenrecht bei verspäteter Benutzungsaufnahme weichen müsste. Dies würde nicht den Regelungen und Wertungen des MSchG entsprechen.
Das MSchG basiert zwar auf dem Registrierungsprinzip. Dies bedeutet, dass Markenrechte nur durch Registrierung erworben werden können und die registrierte Marke gegenüber der benutzten Marke den Vorrang hat. Das Gesetz sieht aber auch Ausnahmen vor, die das reine Registrierungsprinzip durchbrechen. Eine solche Ausnahme ist in Art. 14 MSchG geregelt. Nach dieser Bestimmung kann eine nicht registrierte Marke im bisherigen Umfang weiter benutzt werden, wenn die Benutzung vor der Anmeldung einer identischen oder ähnlichen Marke durch eine andere Person aufgenommen wurde. Der Inhaber der registrierten Marke ist in diesem Falle der alleinige Inhaber des Markenrechtes, er muss aber tolerieren, dass die bereits benutzte Marke weiterhin verwendet wird.
Der Sachverhalt, welcher der gesetzlichen Regelung des Art. 14 MSchG zugrunde liegt, ist mit dem Sachverhalt des benutzten Zwischenrechtes gut vergleichbar. Im Falle des Art. 14 MSchG stehen sich eine benutzte Marke und eine zum Zeitpunkt der Benutzung noch nicht registrierte Marke gegenüber. Wegen des Registrierungsprinzipes müsste eigentlich die nachträglich registrierte Marke den Vorrang über der zuerst benutzten Marke haben. Art. 14 MSchG bestimmt hier aber gerade eine Ausnahme zum Registrierungsprinzip. Im Falle des benutzten Zwischenrechtes steht auf der einen Seite eine registrierte und benutzte Marke und auf der anderen Seite eine zwar registrierte, aber mangels Benutzung löschungsreife Marke. Dem reinen Registrierungsprinzip entspräche es, bei verspäteter Benutzungsaufnahme der älteren Registrierung das ältere Recht einzuräumen. Auch hier rechtfertigt sich aber wie bei Art. 14 MSchG eine Durchbrechung des Registrierungsprinzipes. Der zuerst benutzten Marke wird zwar nicht der Vorrang eingeräumt, die zuerst benutzte Marke darf aber im bisherigen Umfang weiterbenutzt werden.

IX. Problemlösung bei nicht benutzten Zwischenrechten
Solange das Zwischenrecht noch nicht benutzt ist, ist es weniger stossend, wenn das Zwischenrecht der älteren Marke bei verspäteter Benutzungsaufnahme weichen muss. Dem Inhaber des Zwischenrechtes kann eher zugemutet werden, auf eine andere Marke auszuweichen, solange seine Marke noch nicht auf dem Markt ist. Eine Besserstellung des Inhabers des Zwischenrechtes wäre nur durch eine Gesetzesänderung möglich7.

Zusammenfassung
Für die benutzten Zwischenrechte besteht eine Lücke in der gesetzlichen Regelung. Für den Fall, dass das Zwischenrecht bereits seit längerer Zeit in Benutzung ist, ist die Lücke dadurch zu füllen, dass die Rechte des Inhabers der älteren Marke in Übereinstimmung mit der Harmonisierungsrichtlinie bereits nach fünfjähriger Benutzung des Zwischenrechtes verwirkt sind. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die ältere Marke und das Zwischenrecht koexistieren. Gegenüber dritten Parteien können sowohl der Inhaber der älteren Marke als auch der Inhaber des Zwischenrechtes ihre Markenrechte geltend machen. In den Fällen, in denen das Zwischenrecht noch nicht fünf Jahre in Benutzung ist, ist die Lücke dadurch zu füllen, dass der Inhaber des Zwischenrechtes gegenüber dem Inhaber der älteren Marke ein Weiterbenutzungsrecht hat. Im Ergebnis führt dies dazu, dass der Inhaber des Zwischenrechtes zwar über keine Markenrechte verfügt, die er gegenüber dem Inhaber der älteren Marke oder gegenüber Dritten geltend machen könnte, er aber seine Marke weiterhin im gleichen Umfang benutzen kann. Das noch nicht benutzte Zwischenrecht muss dagegen nach der jetzigen Rechtslage der älteren Marke weichen. Im Übrigen wäre eine Gesetzesänderung wünschenswert, die eine klarere Regelung für die Zwischenrechte trifft. Meines Erachtens wäre eine Besserstellung des Inhabers des Zwischenrechtes sachgerecht, die der Regelung in der Gemeinschaftsmarkenverordnung und in den Markengesetzen von Deutschland und Benelux entspricht.

Résumé
Il existe une lacune légale au sujet des droits dits intermédiaires (droits de tiers nés dans l’intervalle entre la fin du délai de grâce pour l’utilisation d’une marque et le début ou le recommencement de l’usage). Lorsque le droit intermédiaire fait l’objet d’un usage depuis fort longtemps, la lacune doit être comblée, conformément à la directive d’harmonisation, en déclarant périmés les droits du titulaire de la marque antérieure après que le droit intermédiaire a été utilisé pendant plus de cinq ans déjà. Il en résulte que la marque antérieure et le droit intermédiaire coexistent. Tant le titulaire de la marque antérieure que celui du droit intermédiaire peuvent faire valoir leurs droits de marque à l’égard des tiers. Si le droit intermédiaire n’est pas utilisé depuis cinq ans, la lacune doit être comblée en prévoyant en faveur du titulaire du droit intermédiaire un droit de continuer l’usage vis-à-vis du titulaire de la marque antérieure. Il en résulte que le titulaire du droit intermédiaire ne dispose d’aucun droit de marque qu’il pourrait faire valoir à l’encontre du titulaire de la marque antérieure ou de tiers. Toutefois, il peut continuer à faire usage de sa marque dans la même mesure que par le passé. En revanche, le droit intermédiaire non encore utilisé doit céder le pas à la marque antérieure, conformément à la situation juridique actuelle. Par ailleurs, une modification de la loi serait souhaitable pour instituer une réglementation claire à ce sujet. A mon sens, une amélioration de la position juridique du titulaire du droit intermédiaire serait justifiée. Elle correspondrait ainsi aux solutions instituées par le règlement sur la marque communautaire et par la législation sur les marques en Allemagne et au Benelux.



Deutscher Rechtsanwalt, Zürich.
1Botschaft zu einem Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkuntsangaben (Markenschutzgesetz MSchG) vom 21. November 1990, BBI 1991 I 1 ff.

Amtl. Bull., NR, 992 II 400.
3Art. 14 lit. C Abs. 2 Loi uniforme Benelux sur les marques.
4L. DAVID, Kommentar zum Markenschutzgesetz, 2. Aufl., Basel 1999, MSchG 12 N 12.
5M. M. PEDRAZZINI, Die Verwirkung im schweizerischen Kennzeichnungsrecht, GRUR Int. 1984, 502.
6PEDRAZZINI (Fn. 5), 502 ff.
7Anders jedoch K. WÜTHRICH (Schwerpunkte der Schweizerischen Markenrechtsreform - eine Übersicht, in : FS DPA 100 Jahre Marken-Amt, München 1994, 415) für das geltende Recht: "Das Recht an der Marke lebt mit Wirkung der ursprünglichen Priorität wieder auf, wenn der Gebrauch nach Ablauf der Fünfjahresfrist erstmals oder erneut aufgenommen wird und vor diesem Zeitpunkt niemand den Nichtgebrauch geltend gemacht hat (Art. 12 Abs. 2). Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie Markenrechte zu behandeln sind, die zu einem Zeitpunkt begründet wurden, in dem ein älteres, kollidierendes Zeichen seit mehr als fünf Jahren ohne Vorliegen wichtiger Gründe nicht benützt worden ist, danach aber wieder in Gebrauch genommen wird. Das Gesetz gibt darauf keine Antwort, doch muss aus Billigkeitserwägungen wohl von einer Koexistenz der beiden Marken ausgegangen werden, dergestalt, dass aus keinem der beiden Zeichen mit Erfolg gegen das andere vorgegangen werden kann. Ebenso wie diese Frage bleibt der Rechtsprechung überlassen zu bestimmen, was unter Geltendmachen des Nichtgebrauchs zu verstehen ist, d.h. ob eine blosse schriftliche Äusserung ausreicht oder ob es dazu der Einleitung rechtlicher Schritte bedarf."


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