sic! 2003 Ausgabe 2
FLORENT THOUVENIN*

Urhebervertragsrecht: Ein "must" für die Schweiz?

In seiner Begrüssung wies RA Dr. Mathis Berger, Zürich zunächst auf die immense wirtschaftliche Bedeutung der Urheberindustrie hin, die beispielsweise in der EU ca. 5-7% des Bruttosozialproduktes erwirtschafte. Trotzdem sei in der Schweiz - im Gegensatz zu Frankreich und Deutschland - das Urhebervertragsrecht nicht normiert. Ziel der Veranstaltung sei es daher, die Notwendigkeit oder Wünschbarkeit einer gesetzlichen Regelung und deren allfällige Ausgestaltung zu erörtern. Prof. Dr. Reto M. Hilty, Direktor am Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht in München und Ordinarius für Immaterialgüterrecht an der Universität Zürich, nahm als erster Referent eine eingehende Auslegeordnung vor und erörterte Aufgabenstellung und Regelungsbereiche eines schweizerischen Urhebervertragsrechts. Zunächst stellte er die Forderung nach einem Urhebervertragsrecht in ihren zeitlichen Kontext. Zurzeit stellt sich in der Schweiz die Frage, ob WCT und WPPT, die beiden von der OMPI verwalteten Zusatzabkommen zur RBÜ (in der Folge: OMPI-Abkommen) ratifiziert werden sollten; diese Revision werde nun zum Anlass genommen, alte Forderungen wie beispielsweise diejenige nach dem Produzentenartikel oder dem Folgerecht erneut aufs Tapet zu bringen. Zudem sei in Deutschland kürzlich ein Urhebervertragsrecht geschaffen worden; eine der Zielscheiben der deutschen Gesetzgebung sei dabei die Schweiz gewesen, die um gewisse Normen des deutschen Rechts nicht mehr herumkommen solle. Sodann stellte Hilty die Forderung nach einem Urhebervertragsrecht in ihren allgemeinen vertragsrechtlichen Zusammenhang. Im allgemeinen Teil des OR habe der Gesetzgeber generelle Anordnungen für alle Verträge getroffen, was man als Generaldogmatik bezeichnen könne. Im besonderen Teil finde sich dagegen die Spezialdogmatik des Vertragstypenrechts, die dort normiere, wo es von der Generaldogmatik abweichende und konkretere Regelungen brauche. Weil die Spezialdogmatik keine urhebervertragsrechtlichen Normen enthalte, müsse auf die Generaldogmatik zurückgegriffen werden. Das Problem bestehe nun darin, dass es sich bei diesen Verträgen um Dauerschuldverhältnisse handle, die Generaldogmatik des OR aber ausschliesslich auf Austauschverträge fokussiere. Mangels passender Generaldogmatik sei daher eine gesetzliche Regelung bei Dauerschuldverhältnissen besonders wichtig; fehle eine solche, könne man sich nur mit Analogieschlüssen sowie Gewohnheits- oder Richterrecht (Art. 1 Abs. 2 ZGB) behelfen, was mit Blick auf die Rechtssicherheit problematisch sei. Im URG findet sich nur eine äusserst rudimentäre gesetzliche Anordnung: Art. 16 Abs. 1 URG sieht vor, dass Urheberrechte übertragen werden können. Für die Übertragung von Urheberrechten könne auf den allgemeinen Teil des OR zurückgegriffen werden, eine gewisse Dogmatik biete zudem auch das Kaufrecht; fraglich sei aber, ob kaufrechtliche Normen stets passen würden. Die Einräumung von Urheberrechten auf Dauer mittels Lizenzen wird dagegen vom Gesetz gar nicht erst erwähnt. Bei Lizenzen würde die Generaldogmatik zudem keineswegs reichen, oft sei sie gar unpassend; dasselbe gelte für die Spezialdogmatik. Dogmatisch betrachtet bestehe daher Handlungsbedarf. Bei der Regelung des Urhebervertragsrechts stelle sich weiter die Frage, ob dispositive oder zwingende Normen geschaffen werden müssten. Das Beispiel des Verlagsvertrags zeige, dass der Gesetzgeber zwar die Parteiinteressen möglichst ausgeglichen berücksichtigen könne, dies aber dann wenig hilfreich sei, wenn in der Praxis das dispositive Recht regelmässig durch von einer Partei vorformulierte Verträge ersetzt werde. Dispositives Recht nütze daher dann nichts, wenn divergierende Parteikräfte bestehen, die angemessen ausgeglichen werden sollen. Zudem müsse die Frage nach dem Regelungsbereich des Urhebervertragsrechts gestellt werden. Zu unterscheiden sind hier nach Hilty verschiedene Achsen, die insgesamt ein Dreieck darstellen. Eine erste Achse stehe für das Verhältnis von Kreativen und Verwertern, eine zweite für die Verbindung zwischen Kreativen und Nutzern, eine dritte Achse bilde schliesslich die Beziehung von Verwertern und Nutzern. Ein Urhebervertragsrecht werde sich nun vor allem um die Achse von Kreativen und Verwertern drehen; die anderen Achsen müssten jedoch mit einbezogen werden. Für dieses Verhältnis von Kreativen und Verwertern lege das in der RBÜ normierte Schöpferprinzip zunächst nahe, dass das Problem gelöst sei, denn die Rechte würden ja beim Kreativen liegen. Ein Blick in die USA und nach Holland zeige aber, dass das Schöpferprinzip dem «work made for hire» nicht entgegenstehe, sondern offensichtlich viel Spielraum, beispielsweise für die Normierung eines «Produzentenartikels» lasse. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang zudem, dass die ohnehin praktisch kaum bedeutsame Lehre von der Unübertragbarkeit des Urheberrechts den beabsichtigten Schutz des Urhebers nicht zu gewähren vermöge; einen wirksamen Schutz seiner Interessen könne der Kreative dagegen von zwingenden urhebervertragsrechtlichen Normen erwarten. Eine ausgewogene vertragsrechtliche Regelung der zentralen Achse Kreative-Verwerter zu finden, dürfte schliesslich so schwer nicht fallen, seien doch die Positionen der Beteiligten klar erkennbar: der Verwerter biete Geld und möchte dafür möglichst viele Rechte, der Kreative habe die Rechte und möchte dafür möglichst viel Geld. Die wesentlichen Probleme, welche ein Urhebervertragsrecht lösen müsste, betreffen für Hilty sodann zunächst die Fragen der Rechtseinräumung zwischen Kreativen und Verwertern einerseits sowie zwischen Verwertern und Nutzern andererseits. Ein zweites Feld bilde die Problematik der angemessenen Höhe der Gegenleistung, wenn sich die Dinge anders entwickeln als bei Vertragsabschluss erwartet; zu fragen sei hier nach der Notwendigkeit einer nachträglichen Korrektur mit Hilfe von Widerrufs-, Rücktritts- oder Folgerecht. Die Auslegeordnung habe gezeigt, dass eine Fülle von Fragen bestehe, vor denen der Gesetzgeber seine Augen nicht verschliessen dürfe. Notwendig sei eine Gesamtsicht der Problematik; das Herausgreifen einzelner Fragen sei wenig aussichtsreich, weil so nie die notwendige Gesamtdogmatik geschaffen werden könne. Der Gesetzgeber aber verstecke sich hinter dem Argument der Vertragsfreiheit; aktiv werde er nur, wenn gewisse Gruppen einen Schutzbedarf geltend machen würden und eine angemessene Lobby das Vorhaben vorantreibe. Hilty zeigte sodann verschiedene denkbare, mehr oder minder ambitionierte Ansätze zur Normierung eines schweizerischen Urhebervertragsrechts auf. Angesichts der Vielzahl offener Probleme müsste für ihn auch eine gesetzgeberische Minimallösung alle anstehenden Fragen regeln. Eine solche Lösung würde nur punktuell zwingende gesetzliche Anordnungen zum Schutz einer Partei treffen, wobei schutzwürdig bei weitem nicht immer der Kreative sei. Eine wünschbare Maximallösung müsste dagegen darin bestehen, den Vertragstypus Urhebervertrag gesamthaft mit einer Spezialdogmatik zu erfassen, so wie dies bei anderen Vertragstypen im besonderen Teil des OR geschehen sei. Dazu wären materielle Grundprinzipien des Zustandekommens, der Beendigung und der Haftung zu definieren und bei bestimmten Werkkategorien die spezifischen Schutzbedürfnisse aller Beteiligten - nicht allein diejenigen der Urheber - herauszufiltern. Sozusagen als «Maximallösung plus» wäre schliesslich die Regelung des gesamten Immaterialgütervertragsrechts anzusehen. Mit einem Bonmot eröffnete Dr. Alfred Meyer, Generaldirektor der Suisa, Zürich, seine Ausführungen zur Wünschbarkeit eines Urhebervertragsrechts: Gesetze seien für die menschliche Gesellschaft wie Medikamente für den menschlichen Körper; auf beide sollte nur zurückgegriffen werden, wenn es nötig sei und beide hätten Nebenwirkungen. Seit dem 1978 von Prof. Dr. Manfred Rehbinder und Dr. Roland Grossenbacher erstellten Gutachten, das die Notwendigkeit eines Urhebervertragsrechts verneinte, habe sich die Praxis kaum geändert; die Grundfragen seien dieselben geblieben. Im Bereich der Musik sei es in der Zwischenzeit allerdings zu einer weltweiten Konzentration der Verwerter gekommen. Den Künstlern würden heute nur noch vier Grosskonzerne, die sogenannten Majors, gegenüberstehen; diese vereinigten die gesamte Palette der Verwertung, von der Verlagstätigkeit über die Produktion bis zur Sendung unter einem Dach. Für die Urheber bestehe deshalb ein enormer Anreiz, mit einem solchen Major zum Vertragsabschluss zu kommen; für diese Chance unterzeichne ein Künstler heute fast alles. Komme es zu einem Vertragsabschluss, so liegen nach Meyer die Stolpersteine für Urheber und ausübende Künstler einerseits bei der Vertragsform andererseits bei der Rechtsabtretung. Erstere sei problematisch, weil die Urheber von den Nutzern verfasste Standardverträge unterschreiben müssten, letztere, weil sich die Nutzer möglichst viele, zeitlich und örtlich unbeschränkte Rechte abtreten liessen. Ebenso zentral wie problematisch sei schliesslich der Preis; wichtig sei, dass die Urheber eine angemessene Vergütung erreichten, die vertraglich nicht wegbedungen werden könne. Ein Urhebervertragsrecht sei daher wünschbar. RA Dr. Peter Mosimann, Präsident des Dachverbandes der Urheber- und Nachbarrechtsnutzer, Basel, sprach zur Frage der Wünschbarkeit eines Urhebervertragsrechts aus Sicht der Nutzer. Er wies darauf hin, dass das Urheberrecht als Kunsturheberrecht entwickelt worden sei, die heute riesigen Umsätze der Urheberrechtsindustrie aber vor allem im Bereich der kleinen Münze erzielt würden. Diese Urheber seien weitgehend angestellt und würden im Team arbeiten, was spezielle Komplikationen mit sich bringe. Auszugehen sei aber auch in dieser Konstellation vom Schöpferprinzip und der Übertragbarkeit der Nutzungsrechte sowie dem in Literatur und Praxis verbreiteten Gedanken der generellen Schutzbedürftigkeit des Urhebers, was zwar im Kunsturheberrecht an sich zutreffe, im Bereich der kleinen Münze aber nicht. Die Zweckübertragungstheorie und das Fehlen einer Regelung der Arbeitnehmerwerkschöpfung würden sich unter diesen Prämissen bei der kleinen Münze als eigentliche «Copyright-Falle» zulasten der Arbeitgeber erweisen. Die Frage der Arbeitnehmerwerkschöpfung müsse daher unbedingt gesetzlich geregelt werden; im Sinne der Einheitlichkeit und Einfachheit sei eine Angleichung an die Regelung über Patente und Design anzustreben. Einer Kodifikation der wichtigsten Typen von Urheberrechtsverträgen stehe er aber ablehnend gegenüber. Die Sicht der Urheber vertrat Frau Roberta Weiss-Mariani, Geschäftsführerin des Berufsverbands visuelle Kunst Schweiz, visarte, Zürich. Sie wies auf die schwierige Ausgangslage von Künstlern bei den Vertragsverhandlungen mit kommerziellen Verwertern hin; die Verwerter seien den Urhebern wirtschaftlich und juristisch weit überlegen, was diese beispielsweise dazu ausnutzen würden, einen Teil des Geschäftsrisikos auf die Künstler abzuwälzen, von diesen den Verzicht auf Urheber- und andere Entschädigungen oder gar eine Beteiligung an den Produktionskosten zu verlangen. Die Verwertungsgesellschaften könnten hier die Urheber zwar grundsätzlich unterstützen, diese seien den kommerziellen Verwertern aber ein Dorn im Auge. Die Verwerter würden nämlich direkte Verhandlungen mit Kunstschaffenden bevorzugen; so könnten sie ihre vorteilhafte Verhandlungsposition etwa dazu benützen, sich sämtliche analogen und digitalen Nutzungsrechte ohne inhaltliche, zeitliche und örtliche Beschränkung kostenlos oder zu einem geringen Pauschalpreis übertragen zu lassen. Es komme sogar vor, dass Künstler von kommerziellen Verwertern zu einem Verzicht auf die Mitgliedschaft bei einer Verwertungsgesellschaft gedrängt würden. Aufgrund des bestehenden Ungleichgewichts seien Künstler in Vertragsverhandlungen oft gezwungen, Bedingungen zu akzeptieren, die wichtige Schutzfunktionen des Urheberrechts ausser Kraft setzten. Die Vertragsfreiheit erweise sich so als eine Freiheit des Stärkeren; ein Urhebervertragsrecht könnte hier eine wichtige Lücke schliessen. Vorzusehen wären daher zwingende Bestimmungen, welche etwa die pauschale Abtretung sämtlicher Nutzungsrechte an einem Werk und den Verzicht auf Urheberrechte im voraus für unzulässig erklären sowie den bildenden Künstlern eine Vergütung für die Ausstellung ihrer Werke sichern würden, wenn die Ausstellung Einnahmen erzielt. Wünschbar seien zudem ein Bestsellerartikel und das Folgerecht. Zur Machbarkeit eines Urhebervertragsrechts äusserte sich Carlo Govoni, Leiter der Abteilung Urheberrecht des IGE, Bern. Die Vertreter der betroffenen Kreise hätten bisher ihre teilweise sehr unterschiedlichen Wünsche aufgezählt; weil eine Wunschliste zwar gut für Weihnachten, der Gesetzgeber aber nicht der Weihnachtsmann sei, müsse er sich hier die Frage nach der Notwendigkeit einer gesetzlichen Normierung stellen. Hinter dem Titel der Veranstaltung stehe ein Fragezeichen; solange dieses Fragezeichen von einem grossen Teil der Betroffenen aufrecht erhalten werde, bestehe kein Handlungsbedarf. Hilty habe zwar überzeugende Argumente und Lösungsansätze geliefert, rein wissenschaftliche Begründungen würden aber nicht reichen, um den Gesetzgeber anzutreiben. Probleme seien bei einem solchen Projekt vor allem bei der Suche nach einem tragfähigen Interessenausgleich zu erwarten, was bereits die Totalrevision von 1992 gezeigt habe. Es bestehe die Gefahr, dass die laufende Teilrevision des URG gefährdet würde, wenn man zuviel in diese hineinpacken wollte. Bereits würden 12 parlamentarische Vorstösse mit verschiedenen Stossrichtungen vorliegen, wobei zwar einer davon das Produzentenurheberrecht und damit eine Frage des Urhebervertragsrechts betreffe, der hinter diesem Vorstoss liegende politische Wille aber einem allgemeinen Urhebervertragsrecht diametral entgegenstehe. Die politischen Realisierungschancen eines umfassenden Urhebervertragsrechts seien zurzeit also gering. Die Urheber würden im Rahmen der Teilrevision vielmehr in die Defensive gedrängt und seien bemüht, das 1992 erreichte Schutzniveau halten zu können. Insgesamt ist Govoni der Ansicht, dass ein Urhebervertragsrecht im Rahmen der laufenden, auf die Ratifikation der beiden OMPI-Abkommen ausgerichteten Teilrevision, nicht machbar sei. In seinem Statement beschränkte sich Fspr. Dr. Willi Egloff, Präsident der Swiss Film Producers' Association, Bern, auf die Sicht der Audiovision. Obwohl bei der Produktion von audiovisuellen Werken eine Vielzahl von Urhebern zusammenwirke, würden sich in der Praxis kaum Probleme ergeben, weil die Branche auf der bestehenden gesetzlichen Grundlage taugliche Lösungen entwickelt habe. So seien praktisch sämtliche Vertragsbeziehungen durch Muster- oder Rahmenverträge geregelt, die zwischen den beteiligten Interessenverbänden ausgehandelt wurden; ein Ersatz dieser Regelungen durch zwingende gesetzliche Normen sei nicht erwünscht. Urhebervertragsrechtliche Normen seien daher aus seiner Sicht kein «must»; dies heisse aber nicht, dass Regelungen sinnlos wären, vielmehr komme es darauf an, wie diese aussehen würden. Für die schweizerische Audiovision wäre beispielsweise ein Bestsellerparagraph sinnlos, weil die Filme nur einen Bruchteil ihrer Herstellungskosten einspielen würden; auch eine Regelung betreffend Rückfall oder Rückruf der Rechte wäre nicht praktikabel, weil angesichts der Vielzahl der Berechtigten ohnehin niemand seinen Rechteanteil verwerten könnte. Sinnvoll wären dagegen Regelungen über Verträge am fertiggestellten Werk, d.h. Normen, die das Verhältnis von Produktionsfirmen und Verwertern betreffen würden. Zu überlegen wäre insbesondere, ob nicht die Bestimmungen über den Verlagsvertrag aktualisiert und zu einer gesetzlichen Regelung des Urheber-Lizenzvertrags ausgeweitet werden könnten. Thomas Pletscher, economiesuisse, Zürich, äusserte sich ebenfalls kritisch zur politischen Notwendigkeit eines Urhebervertragsrechts. Solange nicht genügend Druck von Seiten der interessierten Kreise bestehe, werde nichts passieren. Zudem entspreche der Grundsatz der Vertragsfreiheit der Wirtschaftsfreiheit und der liberalen Grundhaltung und sei daher hochzuhalten; Sinn mache eine Regelung nur, wenn eine schwächere Partei geschützt werden müsse. Dennoch wäre es seiner Meinung nach falsch, ein Urhebervertragsrecht zum Schutz der Schwächeren aufzubauen, denn Schutznormen würden sich meist gegen den zu Schützenden auswirken. In der anschliessenden Diskussion stellte Dr. Dominique Disseront, SRG, Bern, die Frage, ob denn nicht mit der Forderung nach einem Produzentenartikel die urheberrechtliche Pandorabüchse wieder geöffnet werde. Hilty meinte, dass diese Büchse tatsächlich schon offen sei, was man an den zahlreichen parlamentarischen Vorstössen sehen könne. Das Problem bestehe dabei darin, dass das Erzielen von Fortschritten unmöglich sei, wenn nur immer wieder die gleichen Argumente und Forderungen aufgetischt würden. Stattdessen müssten sich die Betroffenen der Frage stellen, was denn überhaut geregelt werden solle; es brauche eine Bereitschaft, sich einmal grundsätzliche Gedanken zu machen. Govoni erwiderte darauf, dass nicht der Produzentenartikel, wohl aber die von Hilty aufgeworfene Fragestellung eine Pandorabüchse öffnen würde. So sehe er schon die Tomaten fliegen, wenn er das Wort Arbeitgeberurheberrecht in den Mund nehme; hier wären grosse psychologische Schranken abzubauen. Aus seiner Sicht wünschenswert wäre daher, dass die wissenschaftliche Arbeit vorangetrieben würde, so dass die Erkenntnisse anschliessend ins politische Vorgehen einfliessen könnten. Hilty meinte darauf, dass die Verwaltung hier die Führung übernehmen müsste; es sei nicht Aufgabe der Rechtsunterworfenen, die Schrittmacherfunktion zu übernehmen. Govoni wies sodann auf das Umfeld der Teilrevision hin, bei der es hauptsächlich um die Ratifikation der beiden OMPI-Abkommen gehe; dabei sollten die vorliegenden parlamentarischen Vorstösse berücksichtigt werden. Meyer zweifelte jedoch daran, dass es gelingen werde, nur die Abkommen zu ratifizieren, weil der Produzentenartikel nun die Schleusen geöffnet habe. Alexander Sami, Schweizer Verband der Journalistinnen und Journalisten, Fribourg, bestand auf einem Interessenausgleich im Rahmen der Revision; wenn ein Produzentenartikel geschaffen werde, so müsse man auch die von Weiss-Mariani vorgebrachten Forderungen der Urheber berücksichtigen. Für Egloff besteht das dringende «must» im Urheberrecht in der Ratifizierung der OMPI-Abkommen; werde deren Umsetzung nicht vorangetrieben, so gefährde man den Wirtschaftsstandort Schweiz. Dieses Votum fand Unterstützung bei Fspr. Roger Chevallaz, Bern, der einen erneuten Dreissigjährigen Krieg befürchtete; wolle man die Abkommen schnell ratifizieren, so müsse man sie von den übrigen Fragen abkoppeln. Abschliessend stellte Hilty fest, dass sich offenbar ein gewisser Konsens eingestellt habe, nach dem in den vorhandenen Arbeitsgruppen weiterdiskutiert werden solle; als Wissenschaftler überzeuge ihn aber das Vorgehen in einigen, von Interessenvertretern dominierten Arbeitsgruppen nicht. So spüre er nur Partikulärinteressen und sehe Scheuklappen für die Zusammenhänge; auf eine ausgewogenen Lösung könne man aber nur kommen, wenn man genügend differenziere und dadurch nicht mehr aneinander vorbei spreche.



* lic. iur., wiss. Assistent am Lehrstuhl für Immaterialgüterrecht an der Universität, Zürich.

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