sic! 2011 Ausgabe 1
FRANZISKA GLOOR GUGGISBERG*

Die Beurteilung der Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft auf der Grundlage eines Erfahrungssatzes - Bemerkungen einer Mitarbeiterin des IGE zur Rechtsprechung des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hatte in seiner Rechtsprechung zur markenrechtlichen Schutzfähigkeit von Herkunftsangaben unter dem Gesichtspunkt der Irreführungsgefahr bis ins Jahr 1979 regelmässig darauf verwiesen, dass eine geografische Angabe nach der Lebenserfahrung beim Käufer der damit bezeichneten Ware im Allgemeinen die Vorstellung weckt, sie stamme aus dem Land, auf das die Angabe hinweist. Nachdem in den seither bis zum Jahr 2008 ergangenen Urteilen dieser Erfahrungssatz nicht mehr ausdrücklich erwähnt worden ist, wurde er in leicht abgewandelter Form vom Bundesgericht im Jahr 2009 wieder ausdrücklich angeführt – und zwar in allen vier zu Herkunftsangaben gefällten Entscheiden. Der vorliegende Beitrag nimmt dies zum Anlass, die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 2 lit. c i.V.m. Art. 47 ff. MSchG darzustellen und kritisch zu würdigen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf das methodische Vorgehen des Bundesgerichts gerichtet und es wird insbesondere gezeigt werden, dass der erwähnte Erfahrungssatz auch all jenen Urteilen der letzten Jahrzehnte zugrunde gelegen hat, in denen er vorübergehend nicht mehr ausdrücklich erwähnt worden ist. [Volltext]


Dans sa jurisprudence relative à l’enregistrement de marques comportant une indication de provenance, le Tribunal fédéral a régulièrement souligné, jusqu’en 1979, qu’une indication de provenance suscite chez le consommateur, selon l’expérience générale, l’attente que le produit ainsi désigné provient du pays auquel elle renvoie. Par la suite et jusqu’en 2008, le Tribunal fédéral n’a plus basé expressément ses décisions sur ce postulat. En 2009 toutefois, le Tribunal fédéral l’a rappelé à nouveau – sous une forme légèrement modifiée – et ce dans chacune de ses quatre décisions relatives aux indications de provenance géographique. La présente contribution vise à exposer la jurisprudence du Tribunal fédéral relative aux art. 2 let. c en relation avec les art. 47 ss LPM et à en faire une analyse critique. Une attention particulière est accordée à la méthode suivie par le Tribunal fédéral et il est démontré que les décisions des dernières décennies reposent toujours sur le même postulat, même lorsque, temporairement, il n’était plus mentionné expressément. [texte complet]



* lic. iur., Advokatin, Basel. Der Beitrag gibt die persönliche Ansicht der Verfasserin wieder, die als Mitarbeiterin des Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) an den Verfahren «Calvi» und «Afri-Cola» beteiligt war.

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