sic! 2002 Ausgabe 11
ROGER ZÄCH* / ROLAND UNTERNÄHRER**

Kinofilmauswertung und Parallelimporte

Der vorliegende Beitrag behandelt die Frage, ob Parallelimporte für Werkexemplare audiovisueller Werke aufgrund von Art. 12 Abs. 1bis URG verhindert werden können bzw. welcher Sinn der genannten Bestimmung zukommt. Vertreten wird dabei insbesondere die These, dass die neue Regelung ausschliesslich geschaffen wurde, um die schweizerische Auswertungskaskade im Bereich der Kinofilmverwertung zu schützen, mithin den unbewilligten Erstimport von Videokassetten und DVDs zu verhindern. Es wird aufgezeigt, dass dieses Schutzanliegen durch die Zulassung von Parallelimporten keineswegs tangiert wird.

L'article qui suit se penche sur la question de savoir si, en application de l'art. 12 al. 1bis LDA, on peut bloquer les importations parallèles portant sur des exemplaires d'ouvres audiovisuelles. L'auteur examine la portée de cette disposition et défend en particulier la thèse selon laquelle la nouvelle réglementation a été exclusivement créée dans le but de protéger l'exploitation «en cascade» prévue par le droit suisse, notamment en matière d'exploitation d'ouvres cinématographiques, et d'empêcher par conséquent la première importation non autorisée de cassettes vidéo et de DVD. Il est démontré que cet objectif peut être atteint tout en admettant les importations parallèles. 


I.    Einleitung
II.   Urheberrechtliche Grundlagen
III.  Kaskadenartige Auswertung von Filmen
IV.  Internationale Erschöpfung als Problem in der Audiovision
V.   Zum Begriff des Parallelimports
VI.  Auslegung von Art. 12 Abs. 1bis URG
     
1. Grammatikalische Auslegung
      2. Historische Auslegung
      3. Systematische Auslegung
      4. Teleologische Auslegung
      5. Ergebnisbeurteilung
Zusammenfassung / Résumé

I. Einleitung

Seit dem vieldiskutierten «Nintendo-Urteil1» ist im schweizerischen Urheberrecht vom Grundsatz der internationalen Erschöpfung und von der Zulässigkeit des Parallel- und Erstimports urheberrechtlich geschützter Werkexemplare auszugehen, sofern die betreffenden Exemplare im Drittstaat vom Schutzrechtsinhaber selbst oder mit dessen Zustimmung in Verkehr gesetzt wurden. Art. 12 Abs. 1bis URG2, der im Rahmen der Totalrevision des Filmgesetzes3 eingeführt worden ist, scheint diesen Grundsatz im Bereich der audiovisuellen Werke allerdings einzuschränken. Man ist sich darin einig, dass die kaskadenweise Belieferung von Märkten mit Werkexemplaren audiovisueller Werke in Zukunft möglich sein soll. Dass Art. 12 Abs. 1bis URG aber zugleich eine gesetzliche Grundlage für die Verhinderung von Parallelimporten darstelle, wird zwar von den Urheberrechtsinhabern und den lizenzierten Vertriebsfirmen kurzerhand behauptet, entpuppt sich bei sorgfältiger Betrachtung aber lediglich als Argument zur Durchsetzung von Preisdifferenzierungen zwischen der Schweiz und dem Ausland.

II. Urheberrechtliche Grundlagen

Nebst dem Vervielfältigungsrecht, dem Recht zur öffentlichen (unkörperlichen) Wahrnehmbarmachung und dem Sende- bzw. Weitersenderecht gehört das Verbreitungsrecht zu den zentralen ausschliesslichen Befugnissen des Urhebers. Es handelt sich dabei gemäss Art. 10 Abs. 2 lit. b URG um das Recht, Werkexemplare, d.h. substanzielle Verkörperungen eines geistigen Werkes – wie etwa Bücher, Notenhefte, Musik-CDs, Filmrollen, DVDs usw. – anzubieten, zu veräussern oder sonstwie zu verbreiten. Im Falle der Veräusserung eines Werkexemplars durch den Urheberrechtsinhaber selbst oder mit dessen Zustimmung erlischt gemäss Art. 12 Abs. 1 URG zwar nicht das Urheberrecht, wohl aber das Verbreitungsrecht mit Bezug auf das betreffende Exemplar4; mit anderen Worten erschöpft sich das Verbreitungsrecht an einem Werkexemplar mit der erstmaligen rechtmässigen Veräusserung des betreffenden Werkexemplars und die nachfolgenden Verbreitungshandlungen (z.B. Weiterveräusserung oder Vermietung) sind freigestellt5.
Die genaue Bedeutung von Art. 12 Abs. 1 URG war seit seiner Einführung im Jahre 1992 umstritten. Es stellte sich schon früh die Frage, ob das Verbreitungsrecht gemäss Art. 10 Abs. 2 lit. b URG sich nur mit Bezug auf diejenigen Werkexemplare erschöpft, die in der Schweiz rechtmässig veräussert worden sind (nationale Erschöpfung) oder auch mit Bezug auf Werkexemplare, die mit Zustimmung des Urhebers im Ausland in Verkehr gesetzt worden sind (internationale Erschöpfung)6. Folgt man nämlich dem Grundsatz der nationalen Erschöpfung, vermag der Urheberrechtsinhaber Parallel- und Erstimporte aus einem Drittstaat in die Schweiz zu verhindern, da das Verbreitungsrecht mit Bezug auf die Veräusserung in der Schweiz noch nicht erschöpft ist. Gibt man hingegen der internationalen Erschöpfung den Vorzug, können Parallel- und Erstimporte in die Schweiz (zumindest) mit urheberrechtlichen Mitteln nicht verhindert werden, weil sich das Verbreitungsrecht des Urhebers mit dem Verkauf der Werkexemplare in einem Drittstaat bereits auch für die Schweiz erschöpft hat. Das Schweizerische Bundesgericht hat sich in BGE 124 III 321 (Imprafot AG gegen Nintendo Co. Ltd. und Waldmeier AG) klar für die uneingeschränkte Gültigkeit des Grundsatzes der internationalen Erschöpfung und somit für die Zulässigkeit von Parallelimporten urheberrechtlich geschützter Werkexemplare – inklusive audiovisueller Werke – ausgesprochen.

III. Kaskadenartige Auswertung von Filmen Die wirtschaftliche Auswertung von Kinofilmen (Spiel- wie auch Dokumentarfilmen) erfolgt weltweit über ein kaskadenartiges Verwertungssystem, wie es im Bereich urheberrechtlicher Werkkategorien bis heute einzigartig ist: Regelmässig werden frisch produzierte Filme zuerst in den Kinos vorgeführt (1), danach auf Videokassetten oder DVDs vervielfältigt und verkauft (2), zu einem späteren Zeitpunkt also solche auch vermietet (3) und schliesslich im Rundfunk über Pay-TV- (4) und gebühren- bzw. werbefinanzierte Fernsehsender (5) ausgestrahlt. In den meisten Fällen muss der Filmproduzent jede der genannten Auswertungsstufen in Anspruch nehmen, um die Herstellungskosten einer audiovisuellen Produktion einspielen zu können7, wobei jede Stufe (das gebühren- und werbefinanzierte Fernsehen ausgenommen) mit Bezug auf das auszuwertende Filmwerk weitgehend ihre wirtschaftliche Bedeutung verliert, wenn der Film bereits auf einer nachfolgenden Kaskadenstufe im grossen Stil ausgewertet worden ist.
Eine solche Durchbrechung dieser Kaskade vermag sich insbesondere dadurch zu ergeben, dass die Kinofilme nicht nur abgestuft nach dem Verwertungsmedium, sondern zugleich zeitlich versetzt in verschiedenen geographischen Regionen und Ländern ausgewertet werden. So ist es möglich, dass für Schweizer Händler oder Konsumenten Filme in den jeweiligen Produktionsländern (v.a. in den USA) bereits als DVDs oder Videokassetten erhältlich sind, bevor dieselben Filme in den Schweizer Kinos anlaufen. Der Hauptgrund für das Festhalten an der geographisch-zeitlich gestaffelten Auswertung liegt wohl darin, dass der zeitgleiche Start eines Films in sämtlichen Kinoregionen der Welt logistisch sehr aufwändig wäre (die Filme müssen in der Regel in synchronisierter und untertitelter Fassung vorliegen) und dass die Produzenten von Filmen, die sich auf dem Heimmarkt als totale Flops entpuppen, von der Vermarktung in anderen Ländern absehen können.

IV. Internationale Erschöpfung als Problem in der Audiovision
Wie bereits angetönt, fand Art. 12 Abs. 1 URG bis zur Neuregelung des schweizerischen Filmrechts auch auf audiovisuelle Werke Anwendung. Mithin waren Parallel- und Erstimporte von DVDs und Videokassetten aus Drittstaaten, ungeachtet des schweizerischen Auswertungsstandes einschränkungslos möglich. Insbesondere für die französischsprachige Schweiz ergab sich dadurch in den vergangenen Jahren zunehmend das Problem, dass viele Spielfilmkassetten aus Québec (Kanada) importiert wurden, was dazu führte, dass die betreffenden Filme nicht mehr im Kino und nur in schlecht synchronisierter Fassung (in kanadischem Französisch) als Videokassette zugänglich waren8. Auch in der Deutschschweiz erfreuten sich v.a. nordamerikanische Originalversionen auf DVD und Kassette einer stets grösser werdenden Beliebtheit, noch bevor die erste Kinofilmrolle die Schweizer Grenze passiert hatte.
Hervorzuheben ist, dass die wirtschaftlichen Einbussen weitaus am grössten sind, wenn die Auswertungskaskade bereits durchbrochen wird, bevor der betreffende Film im Kino ausgewertet worden ist. Denn obwohl die Erlöse aus der Filmverwertung durch Videokassetten (bzw. DVDs) und Fernsehen seit den Achtzigerjahren als wichtigste Amortisationsquellen gelten, kommt dem Filmtheater innerhalb der Auswertungsordnung immer noch eine überragende wirtschaftliche Funktion als «Weichensteller» zu: Einerseits wird ein Film, der nicht im Kino vorgeführt wird und daher auch nicht in den Genuss von aufwändigen Kino-Werbekampagnen kommt, wenig Medienresonanz bewirken und dadurch vom Publikum nur in sehr bescheidenem Umfang zur Kenntnis genommen, anderer- seits beeinflussen Erfolg oder Misserfolg eines Filmes im Kino in der Regel auch weitgehend das Ergebnis auf den nachfolgenden Auswertungsstufen9. Der Verkauf von DVDs und Videokassetten eines Films gestaltet sich dementsprechend leichter und ist mit weniger Risiko behaftet, wenn der Film seine Güte und Wirtschaftlichkeit bereits im Kino unter Beweis gestellt hat.
Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass die Einhaltung der Auswertungskaskade sowohl den Filmproduzenten, Filmverleihern und Kinobetreibern wie auch den nachgestellten Verwertungsstufen insgesamt wirtschaftliche Vorteile bringt. Zudem dürfte die Exklusivität der Erstveröffentlichung in den Kinos auch kultur- und strukturpolitisch positive Wirkungen zeitigen, weil dadurch eine gesunde Kinobranche erhalten bleibt, die einem breiten Publikum in der Schweiz Filme aus den verschiedensten Kulturen näher bringen kann und damit einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Vielfalt in unserem Land leistet.
Vor diesem Hintergrund hat die von Pierre Moor präsidierte Expertenkommission in ihren Vorarbeiten zum Bundesgesetz über die Filmproduktion und Filmkultur eine Änderung des Urheberrechtsgesetzes vorgeschlagen, die eine Durchbrechung der Auswertungskaskade durch Parallelimporte – gemeint waren wohl eher unbewilligte Erstimporte – verhindern soll10. Nachdem die Revision des Urheberrechtsgesetzes länger als erwartet auf sich warten lässt, hat der Bundesrat den von der Kommission Moor formulierten Art. 12 Abs. 1bis URG im Rahmen der Totalrevision des Filmgesetzes unverändert in das geltende Recht aufgenommen.

V. Zum Begriff des Parallelimports
Es fällt auf, dass in der Diskussion über den «frühzeitigen» Import von DVDs und Videokassetten aus Drittländern, der die aufgezeigte Auswertungskaskade durchbricht, immer wieder von Parallelimporten gesprochen wird. Die Verwendung des Begriffs «Parallelimport» ist in diesem Falle aber falsch und irreführend. Der Parallelimport von audiovisuellen Werkexemplaren in die Schweiz ist nämlich erst dann «möglich», wenn der Schutzrechtsinhaber in der Schweiz bereits einen Vertreiber (Lizenznehmer) zur Herstellung oder zum Vertrieb derselben Ware ermächtigt hat; durch die Verhinderung von Parallelimporten will der Schutzrechtsinhaber in der Regel die im Inland auf den Markt gebrachte Originalware vor der Preiskonkurrenz durch Originalware schützen, die er im Ausland zu tieferem Preis auf den Markt gebracht hat11. Ist die importierte Originalware vom Schutzrechtsinhaber in der Schweiz noch gar nicht auf den Markt gebracht worden, handelt es sich demnach nicht um den Parallelimport, sondern um den (evtl. unzulässigen) Erstimport von Werkexemplaren. Diese Überlegungen zeigen, dass mittels Parallelimporten die geltenden Auswertungshierarchien nicht durchbrochen werden können. Parallelimporte sind eben erst «möglich», wenn ein Filmwerk auf einer entsprechenden Auswertungsstufe vom Schutzrechtsinhaber bereits ausgewertet wird. Anders formuliert, es sind nicht die Parallelimporte von audiovisuellen Werken, welche die Einhaltung der Kaskadenordnung gefährden können, sondern unbewilligte Erstimporte.

VI. Auslegung von Art. 12 Abs. 1bis URG
1. Grammatikalische Auslegung
Die auf dem Gesetzestext beruhende grammatikalische Auslegung von Art. 12 Abs. 1bis URG ergibt, dass die Anwendung des Grundsatzes der internationalen Erschöpfung für audiovisuelle Werke nicht mehr uneingeschränkt gilt. Denn beide Tatbestände, die zur Weiterveräusserung bzw. Verbreitung legitimieren, stellen auf Sachverhalte ab, die sich explizit auf die Schweiz (das Inland) beziehen:
(1) Das Werkexemplar eines audiovisuellen Werkes darf verbreitet werden, wenn der Urheber oder die Urheberin es im Inland selbst veräussert hat.
(2) Weiter darf das Werkexemplar eines audiovisuellen Werkes verbreitet werden, wenn der Urheber oder die Urheberin der Veräusserung im Inland zugestimmt hat.
Der Klarheit halber wäre wünschenswert gewesen, der Gesetzgeber hätte in Variante (2) ebenfalls ein sich auf das einzelne Werkexemplar beziehendes Pronomen eingefügt (z.B. «Das Werkexemplar […] darf […] verbreitet werden, wenn der Urheber oder die Urheberin […] seiner Veräusserung im Inland zugestimmt hat.»). Der Wortlaut für sich alleine lässt demnach nur die Schlussfolgerung zu, dass für die Weiterveräusserung oder die Verbreitung jedes einzelnen importierten Werkexemplars eines audiovisuellen Werkes in der Schweiz die vorgängige Zustimmung des Schutzrechtsinhabers vorliegen muss (eine solche ergibt sich natürlich auch beim Verkauf durch den Urheber selbst). Würde sich die Interpretation rechtlicher Normen bereits in der Auslegung des Wortlautes erschöpfen, läge es damit in der Macht des Urhebers bzw. des schweizerischen Lizenznehmers, sämtliche Importe – Erst- wie auch Parallelimporte – zu steuern und dementsprechend die Preise für DVDs und Videokassetten auf dem schweizerischen Markt unabhängig von den Preisen auf ausländischen Märkten zu bestimmen.
Ungeachtet des geltenden Wortlauts soll an dieser Stelle kurz aufgezeigt werden, dass es ohne grösseren redaktionellen Aufwand möglich wäre, den Schutz und die Einhaltung der Auswertungskaskade zu erreichen, ohne die Verhinderung von Parallelimporten zu ermöglichen. Der Gesetzestext hätte etwa wie folgt zu lauten: «Werkexemplare eines audiovisuellen Werkes dürfen erst weiterveräussert oder sonst wie verbreitet werden, wenn der Urheber oder die Urheberin ein solches im Inland veräussert oder der Veräusserung eines solchen im Inland zugestimmt hat.» Werkexemplare dürften damit frei in die Schweiz importiert werden, sobald der Schutzrechtsinhaber im Inland ein identisches Werkexemplar veräussert hat oder der Veräusserung eines identischen Werkexemplars zugestimmt hat. Eine solche Formulierung führte zum Ergebnis, dass der Urheber eines audiovisuellen Werkes zwar den Zeitpunkt der ersten Veräusserung seines Filmwerks auf DVD oder Videokassette und damit die Startzeiten für die einzelnen Stufen der Auswertungskaskade bestimmen könnte, dass die spätere Verbreitung von Werkexemplaren innerhalb derselben Auswertungsstufe jedoch nicht mehr von seiner Zustimmung abhängen würde und Parallelimporte zulässig wären. Wie noch zu zeigen sein wird, erfüllt eine solche nach Auswertungsstufen gestaffelte Öffnung des Handels bzw. die kaskadenweise Einführung der internationalen Erschöpfung im Audiovisionsbereich den durch Art. 12 Abs. 1bis URG angestrebten und oft genannten Zweck ausreichend12.

2. Historische Auslegung
Angesichts der Heftigkeit, mit welcher die Parallelimportsproblematik in den vergangenen Jahren diskutiert worden ist, ist es erstaunlich, dass sich der Gesetzgeber einer Stellungnahme oder zumindest einer Erläuterung zu Art. 12 Abs. 1bis URG fast gänzlich enthalten hat. Weder in der Botschaft zum neuen Filmgesetz vom 18. September 200013 noch im Amtl.Bull. des Nationalrates finden sich Hinweise auf die Hintergründe zu Art. 12 Abs. 1bis URG oder die dazugehörigen gesetzgeberischen Absichten. Einzig im Amtl.Bull. des Ständerates wird auf die Problematik der internationalen Erschöpfung kurz eingegangen, wobei die knappen Aussagen der Expertenkommission Moor, welche mit den Vorarbeiten zum Filmgesetz beschäftigt war und den heute geltenden Wortlaut ins Leben gerufen hat, in unpräziser Form wiederholt wurden. Den doch recht spärlichen Materialien sind immerhin die folgenden drei Ziele zu entnehmen, die mit der Änderung des URG angestrebt werden sollten:
(1) Harmonisierung mit dem Recht der EU;
(2) Abwehr von illegalen Importen (Grauimport);
(3) Gewährleistung der Auswertungskaskade.
ad (1): Im europäischen Urheberrecht gilt heute der Grundsatz der regionalen oder europaweiten Erschöpfung, d.h. Werkexemplare, die der Urheber in die EU veräussert hat oder deren Veräusserung in die EU er zugestimmt hat, dürfen der Warenverkehrsfreiheit entsprechend EU-weit weiterveräussert werden14. Unbewilligte Erstimporte sowie Parallelimporte in die EU können nach EG-Recht – mit Bezug auf sämtliche urheberrechtlich geschützten Produkte – vom Schutzrechtsinhaber verhindert werden. Das Problem der Kaskadeneinhaltung bei der Filmauswertung, das sich im internationalen Verhältnis wie bereits dargelegt zu stellen vermag, verschiebt sich in der EU damit auf die gemeinschaftsweite Ebene, wo die zeitlich-räumliche Staffelung von Kino- und DVD- bzw. Videoauswertung vom Rechteinhaber koordiniert und die Einhaltung der Kaskade durchgesetzt werden kann.
Eine Angleichung an das europäische Recht würde aus schweizerischer Sicht nun aber bedeuten, dass die Schweiz sich in dieser Frage wie ein Mitglied der EU stellen müsste, d.h. den Grundsatz der europaweiten Erschöpfung anzuerkennen hätte, mitunter Importe aus dem EU-Raum zulassen müsste und nur unbewilligte Erst- bzw. Parallelimporte aus Nicht-EU-Staaten verhindern könnte. Da aber von einer derartigen «Harmonisierung» mit dem europäischen Recht in den Materialien nicht weiter die Rede ist und auch der Gesetzeswortlaut keine entsprechenden Rückschlüsse erlaubt, bleibt anzunehmen, dass der schweizerische Gesetzgeber sich lediglich mit Bezug auf die Einhaltung der Kaskadenauswertung durch das europäische Vorbild anregen liess. Die Mittel zum Schutz der Kaskade müssen aber keineswegs dieselben sein, weil sich die EU dem Grundsatz der regionalen Erschöpfung verschrieben hat, die Schweiz dagegen grundsätzlich die internationale Erschöpfung anerkennt. Dafür mögen Gründe bestehen, die hier nicht darzulegen sind. Aus der Rechtslage in der EU, die als Markt die kritische Grösse ohne Zweifel erreicht hat, um die Marktkräfte spielen zu lassen, Rückschlüsse auf die schweizerischen Gegebenheiten zu ziehen, wäre jedenfalls falsch15. Mit der Einführung der nationalen Erschöpfung würde daher weder eine Angleichung an das europäische Recht erreicht, noch der Tatsache Rechnung getragen, dass die Schweiz im Bereich der audiovisuellen Werke ein kaufkräftiges Importland ohne spielende Marktkräfte ist.
ad (2): Als weiterer Grund für die Notwendigkeit von Art. 12 Abs. 1bis URG wurde vorgebracht, der Schweizer DVD- und Videomarkt müsse vor illegalen Grauimporten geschützt werden16. Ausser Acht gelassen wurde dabei wohl, dass der Import von DVDs und Videokassetten unter dem damals anwendbaren Art. 12 Abs. 1 URG vollkommen legal war, sofern es sich um Werkexemplare handelte, die der Urheber in einem Drittland in Verkehr gebracht hatte. Genau genommen bestand folglich gar kein Bedürfnis nach der Unterbindung eines illegalen Tuns. Sollte es aber darum gehen, den Import von unrechtmässig hergestellten Kopien zu unterbinden, bringt Art. 12 Abs. 1bis URG keine Neuerungen, weil sich Urheberrechtspiraten bekanntlich weder um Erschöpfungsgrundsätze noch um fehlende Zustimmungen seitens der Urheber kümmern. Gegen die unrechtmässige Herstellung von Werkexemplaren wie auch deren Vertrieb kann nach wie vor zivil- und strafrechtlich vorgegangen werden (Art. 62 URG, Art. 67 Abs. 1 lit. e und f URG).
ad (3): Als hauptsächlichen Zweck, der – wie bereits erwähnt – auch als Grund für die scheinbare Angleichung an das europäische Recht diente, nennt der Schlussbericht der Expertenkommission «Moor» die Verhinderung des Imports von Filmen auf DVDs und Videokassetten in die Schweiz, bevor sie in den Schweizer Kinos gestartet wurden. Um diese kulturpolitisch unerwünschte Durchbrechung der Auswertungskaskade zu unterbinden, hat die Kommission vorgeschlagen, im Bereich der audiovisuellen Werke die Erschöpfung auf das Inland zu beschränken. Zu dieser Lösung kommt die Kommission, weil sie offenbar fälschlicherweise davon ausgegangen ist, die Zulässigkeit von Parallelimporten würde die kaskadenweise Einführung von Werkexemplaren audiovisueller Werke verunmöglichen. Dass dem nicht so ist, wurde bereits dargelegt (vgl. oben V.). Darüber hinaus wurde ausser Acht gelassen, dass zur Erhaltung der Auswertungskaskade auch die stufenweise Einführung der internationalen Erschöpfung genügt hätte, dass insofern die nationale Erschöpfung aber über das angestrebte Ziel hinausschiesst und damit die Wirtschaftsfreiheit der potenziellen Importeure unverhältnismässig beschränkt.

3. Systematische Auslegung
Die systematische Auslegung von Art. 12 Abs. 1bis URG erscheint v.a. mit Bezug auf Art. 12 Abs. 1 URG und die verfassungsrechtlich garantierte Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) von Interesse. In diesem Zusammenhang ebenfalls zu beachten sind die Art. 35 BV (Verwirklichung der Grundrechte) und Art. 94 BV (Grundsätze der Wirtschaftsordnung).
Art. 12 Abs. 1 URG ist – nicht zuletzt aufgrund der gesetzlichen Entstehungsgeschichte – im Bereich der urheberrechtlichen Erschöpfung als Grundsatznorm zu verstehen. Insofern begründet Art. 12 Abs. 1bis URG für audiovisuelle Werke eine Ausnahme vom Grundsatz der internationalen Erschöpfung. Es ist geboten, eine Ausnahmebestimmung möglichst grundsatznah auszugestalten bzw. auszulegen, d.h. diejenige Interpretation zu wählen, welche die kleinste Abweichung zur Grundsatznorm aufweist. Mit Bezug auf Art. 12 Abs. 1bis URG würde dies bedeuten, dass einer stufenweisen Einführung der internationalen Erschöpfung als grundsatznäherer Lösung der Vorrang vor der nationalen Erschöpfung einzuräumen wäre.
Aus der hierarchischen Gliederung des staatlichen Normensystems ist zudem abzuleiten, dass einfachgesetzliche Regelungen des Bundesrechts verfassungskonform zu interpretieren sind. Die in Art. 27 BV verankerte Wirtschaftsfreiheit umfasst auch die Aussenwirtschaft und gewährleistet die Freiheit zu exportieren und auch zu importieren17. Aus freiheitsrechtlicher Sicht, insbesondere unter Beachtung von Art. 35 BV, der die Behörden verpflichtet, sich an die Grundrechte zu halten und zu deren Verwirklichung beizutragen, ist folglich von der grundsätzlichen Zulässigkeit von Parallelimporten auszugehen18. Nach allgemein anerkannten Grundsätzen darf ein Grundrecht aber nur eingeschränkt werden, wenn eine gesetzliche Grundlage vorhanden ist, ein öffentliches Interesse besteht, der Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachtet wird und der Kerngehalt des Grundrechts nicht angetastet wird19. Im Falle des Verbots von Parallelimporten in der Audiovision dürfte vor allem die Begründung eines öffentlichen Interesses sowie die Verhältnismässigkeit des Verbots zu Argumentationsnöten führen: Weil Parallelimportsverbote dazu führen, dass die (im Filmbereich fast ausschliesslich ausländischen) Rechteinhaber den schweizerischen Markt abschotten können und dadurch in der Lage sind, von den kaufkräftigen Schweizer Konsumenten höhere Preise zu verlangen und grössere Gewinne ins Ausland abzuschöpfen, lässt sich ein öffentliches Interesse an solchen Verboten nicht erkennen. Vielmehr laufen Parallelimportsverbote in der Audiovision den Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft (Art. 94 Abs. 2 BV) und damit den Grundsätzen der Wirtschaftsordnung gemäss Art. 94 BV zuwider. Nach der hier vertretenen Meinung besteht deshalb ein entgegengesetztes öffentliches Interesse danach, Parallelimporte für zulässig zu erklären. Ein gewichtiges öffentliches Interesse besteht allerdings auch an der Aufrechterhaltung der Auswertungskaskade: Im Falle einer unkontrollierten, nicht nach Auswertungsstufen gestaffelten Auswertung der Filme würden sowohl Verleih- wie auch Kinogewerbe Einbussen hinnehmen müssen, was insgesamt zu einer Verarmung des Angebots und zu einer noch ausgeprägteren Vormachtstellung der wirtschaftlich starken amerikanischen Filmindustrie führen würde. Dies rechtfertigt denn auch nach der hier vertretenen Meinung, eine gesetzliche Beschränkung der Freiheit zu importieren.

4. Teleologische Auslegung
Mit Bezug auf Art. 12 Abs. 1bis URG geht es bei der teleologischen Auslegung um die Frage, ob es Ziel der neuen Vorschrift ist, dass der Rechtsinhaber «nur» unbewilligte Erstimporte oder weitergehend auch Parallelimporte von Werkexemplaren audiovisueller Werke verhindern können soll. Auszugehen ist davon, dass der Bund zurzeit umfangreiche Gutachten in Auftrag gegeben hat, wie die Frage der Parallelimporte im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zu beantworten sei. Daher ist zweifelhaft, ob es Ziel des Gesetzgebers ist, nicht nur die Auswertungskaskade zu schützen, sondern darüber hinaus den Filmrechteinhabern ein Instrument zur Abschottung des schweizerischen Marktes und damit die Möglichkeit zu Preisdifferenzierungen gegenüber dem Ausland in die Hände zu legen. Darüber hinaus lässt sich fragen, ob es dem Zweck von Art. 12 Abs. 1bis URG entspricht, die Handelbarkeit von Werkexemplaren audiovisueller Werke grundsätzlich anders zu regeln als z.B. diejenige von Musik-CDs, Büchern oder Computerprogrammen. Denn – abgesehen vom Auswertungssystem – sind keine sich auf das urheberrechtlich geschützte Produkt beziehende Unterschiede ersichtlich, die eine Sonderregelung bezüglich des Verbots von Parallelimporten aufdrängen würden. Erschiene es nicht als stossend, einem DVD-Händler, welcher sich an die schweizerische Auswertungshierarchie hält, den Parallelimport von Original-DVDs zu verbieten, während in der benachbarten Sparte der «Musik-CDs» jedermann ohne Einschränkung aus Drittländern parallel einführen könnte?
Dazu kommt, dass sich aus den Beratungen zur Revision des Kartellgesetzes im Nationalrat ergibt, dass eine Abschottung des schweizerischen Marktes gestützt auf Immaterialgüterrechte wie auch gestützt auf Verträge sehr kritisch beurteilt wird, und dass neue Instrumente zu deren Unterbindung geschaffen werden sollen20. So hat denn auch Bundesrätin Ruth Dreifuss zwei Tage nach Inkrafttreten des Art. 12 Abs. 1bis URG in einem Interview anlässlich des Filmfestivals von Locarno als einzigen Normzweck die Einhaltung der Verwertungskaskade erwähnt21.
Schliesslich sind auch aus rein volkswirtschaftlichen und kulturpolitischen Überlegungen heraus Zweifel zu hegen, ob es zweckmässig und sinnvoll wäre, Parallelimporte gerade in diesem von ausländischen Unternehmen dominierten Wirtschaftszweig zu verhindern (der Anteil an Schweizer Filmen im Kino- sowie DVD- und Videosektor beträgt in der Schweiz gerade zwischen zwei und vier Prozent). Ohne Zweifel wären Parallelimportsverbote für die ausländischen Rechteinhaber ein effizientes Mittel, um die Märkte künstlich aufzuteilen bzw. den zahlungskräftigen schweizerischen Markt vom Ausland abzuschotten und übermässige Gewinne abzuschöpfen22. Damit wären die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten gezwungen, entweder überhöhte Preise zu bezahlen, die zu einem grossen Teil ins Ausland abfliessen würden23, oder – wiederum ohne Nutzen für die schweizerische Wirtschaft – ihre Einkäufe direkt im nahegelegenen Ausland zu tätigen (Einkaufstourismus)24. Aus den angeführten Überlegungen wird hier vorgeschlagen, Art. 12 Abs. 1bis URG teleologisch zu reduzieren, das heisst, den «klaren, aber verglichen mit der Teleologie des Gesetzes zu weit gefassten, somit undifferenzierten Wortsinn auf den Anwendungsbereich zu reduzieren, welcher der ratio legis entspricht»25. Es geht somit um Auslegung «contra verba sed secundum rationem legis». Reduziert man Art. 12 Abs. 1bis URG entsprechend auf seinen Normzweck, bedeutet dies, dass dem Urheber eines audiovisuellen Werkes so viel an Rechten zugesprochen wird, dass er die Einhaltung der Auswertungskaskade durchzusetzen vermag, ohne dass er aber Parallelimporte verhindern kann. Mit anderen Worten liegt es in der Macht des Rechteinhabers, die Veräusserung oder anderweitige Verbreitung von Werkexemplaren eines audiovisuellen Werkes in der Schweiz solange zu verbieten, bis er selbst ein identisches Werkexemplar im Inland veräussert hat oder der Veräusserung eines solchen im Inland zugestimmt hat.

5. Ergebnisbeurteilung
Wägt man die Folgen eines Verbots von Parallelimporten gegen diejenigen einer Zulassung von Parallelimporten (unter dem Vorbehalt der Einhaltung der Auswertungskaskade) gegeneinander ab26, so erscheint die Zulassung von Parallelimporten unseres Erachtens als deutlich «gerechtere» Auslegungsvariante: Einerseits bleibt das Verbreitungsrecht des Schutzrechtsinhabers insofern gewahrt, dass er den Zeitpunkt der Produktelieferung in die Schweiz frei bestimmen kann, andererseits profitieren Video- und DVD-Händler bzw. Konsumenten davon, dass die Werkexemplare des betreffenden Films nach erfolgter Inverkehrsetzung in der Schweiz durch den Urheber dem freien Handel zugänglich sind. Ein Verbot von Parallelimporten läge demgegenüber im ausschliesslichen Interesse der Urheberrechtsinhaber. Diese könnten nicht nur den Auswertungszeitpunkt bestimmen, sondern sie würden auch in die Lage versetzt, Preisdifferenzierungen zwischen der Schweiz und dem Ausland vorzunehmen. Der Preiswettbewerb unter den Video- und DVD-Anbietern würde weitgehend beseitigt.

Zusammenfassung
Art. 12 Abs. 1bis URG, der im Rahmen der Totalrevision des Filmgesetzes eingeführt worden ist, regelt die Erschöpfung des urheberrechtlichen Verbreitungsrechts an audiovisuellen Werken neu. Ziel der Bestimmung ist es, die kaskadenweise Verwertung von Kinofilmen zu gewährleisten, insbesondere zu verhindern, dass DVDs und Videokassetten von Filmen bereits im Handel erhältlich sind, bevor die betreffenden Filmwerke auf Stufe Kino ausgewertet worden sind. Obschon der Gesetzestext zur Erreichung dieses Ziels im Bereich der audiovisuellen Werke den Grundsatz der nationalen Erschöpfung einzuführen scheint (und damit den Rechteinhabern das Rüstzeug zur Verhinderung von Parallelimporten liefern würde), muss eine solche Interpretation im Lichte der anderen Auslegungselemente aus folgenden Gründen abgelehnt werden:
(1) Aus den Materialien geht hervor, dass Art. 12 Abs. 1bis URG lediglich die Erhaltung der Auswertungskaskade gewährleisten soll. Parallelimporte können diese aber definitionsgemäss nicht gefährden;
(2) Art. 12 Abs. 1bis URG ist im Verhältnis zum Grundsatz der internationalen Erschöpfung im Urheberrecht als Ausnahmebestimmung zu verstehen, weshalb sich eine möglichst grundsatznahe Auslegung aufdrängt;
(3) Eine verfassungskonforme Interpretation von Art. 12 Abs. 1bis URG führt unter Beachtung der Art. 27, 35 und 94 BV zum Ergebnis, dass Parallelimporte zuzulassen sind;
(4) Abgesehen von der Besonderheit der kaskadenweisen Auswertung von Filmwerken sind keine Gründe ersichtlich, die mit Bezug auf die Erschöpfungsfrage eine unterschiedliche Behandlung gegenüber anderen urheberrechtlich geschützten Werken rechtfertigen würden;
(5) Durch Parallelimportsverbote vermögen die meist ausländischen Rechteinhaber den schweizerischen Markt abzuschotten, den schweizerischen KonsumentInnen überhöhte Preise abzuverlangen und übermässige Gewinne ins Ausland abzuführen.
Die Autoren kommen deshalb zum Schluss, dass der Wortlaut des Art. 12 Abs. 1bis URG zu weit gefasst ist und auf denjenigen Anwendungsbereich zu reduzieren ist, welcher der ratio legis entspricht: Dem Urheberrechtsinhaber wird zwar das Recht eingeräumt, die Veräusserung oder anderweitige Verbreitung von Werkexemplaren eines audiovisuellen Werkes in der Schweiz solange zu verbieten, bis er selbst ein identisches Werkexemplar im Inland veräussert hat oder der Veräusserung eines solchen im Inland zugestimmt hat. Nach erfolgter Inverkehrsetzung durch den Urheber dürfen derartige Werkexemplare jedoch parallel importiert werden.
Die im vorliegenden Beitrag angestellten Überlegungen betreffen die Auslegung von Art. 12 Abs. 1bis URG in seiner heute geltenden Fassung. Besser wäre jedoch eine Präzisierung des geltenden Textes durch den Gesetzgeber. Vorgeschlagen wird folgende Formulierung27:
«Werkexemplare eines audiovisuellen Werkes dürfen erst weiterveräussert oder sonst wie verbreitet werden, wenn der Urheber oder die Urheberin ein solches im Inland veräussert oder der Veräusserung eines solchen im Inland zugestimmt hat.»
Passende Gelegenheit zu solcher Präzisierung böte die laufende Revision des Kartellgesetzes, bei der die Bekämpfung der Marktabschottung ein zentrales Thema ist28.


Résumé
Introduit à l’occasion de la révision totale de la loi sur le cinéma, l’art. 12 al. 1bis LDA institue une nouvelle réglementation de l’épuisement du droit de mise en circulation portant sur des œuvres audiovisuelles sous l’angle du droit d’auteur. Cette disposition vise à garantir l’exploitation en cascade des œuvres cinématographiques. Elle tend en particulier à empêcher que les DVD et cassettes vidéo de films ne soient déjà mis en circulation sur le marché avant que les œuvres cinématographiques aient été exploitées en salle. Bien que le texte de la loi semble introduire à cette fin le principe de l’épuisement national des œuvres cinématographiques (et fournirait ainsi aux titulaires de droits les moyens de bloquer les importations parallèles), une telle interprétation doit être rejetée au regard des autres éléments d’interprétation, pour les motifs suivants:
(1) Il ressort des travaux préparatoires que l’art. 12 al. 1bis LDA doit uniquement garantir le maintien de l’exploitation en cascade. Toutefois, par définition, les importations parallèles ne peuvent y porter atteinte;
(2) Par rapport au principe de l’épuisement international, l’art. 12 al. 1bis LDA constitue une exception, raison pour laquelle une interprétation aussi proche que possible du principe s’impose;
(3) Une interprétation de l’art. 12 al. 1bis LDA conforme aux art. 27, 35 et 94 Cst. a pour conséquence que les importations parallèles doivent être admises;
(4) Hormis la particularité de l’exploitation en cascade des œuvres cinématographiques, il n’existe aucun motif pertinent qui justifierait un traitement différent de la question de l’épuisement par rapport aux autres œuvres protégées par le droit d’auteur;
(5) Grâce à l’interdiction des importations parallèles, les titulaires de droit, pour la plupart étrangers, peuvent cloisonner le marché suisse, imposer aux consommateurs et consommatrices suisses des prix surfaits et retirer des profits excessifs à l’étranger.
Les auteurs de cette contribution parviennent ainsi à la conclusion que le texte de l’art. 12 al. 1bis LDA est trop largement formulé et qu’il doit être réduit au champ d’application voulu par la ratio legis: le titulaire du droit d’auteur a certes le droit d’interdire la vente ou toute autre mise en circulation d’exemplaires d’une œuvre audiovisuelle en Suisse jusqu’à ce qu’il ait vendu lui-même un exemplaire identique de l’œuvre ou consenti à la vente d’un tel exemplaire en Suisse. Toutefois, après une mise en circulation par l’auteur, les exemplaires concernés de l’œuvre sont soumis au principe de l’épuisement international et peuvent par conséquent faire l’objet d’importations parallèles.
Les réflexions exposées dans le présent article concernent l’interprétation de l’art 12 al. 1bis LDA dans sa teneur actuelle. Le texte en vigueur devrait toutefois faire l’objet d’une précision par le législateur. Aussi, la formulation suivante est proposée:
«Les exemplares d’une œuvre audiovisuelle ne peuvent être revendus ou diffusés d’une autre manière que lorsque l’auteur a vendu un exemplaire en Suisse ou en a approuvé la vente en Suisse».
La révision en cours de la Loi sur les cartels, dont l’objectif principal est de lutter contre l’isolement du marché, devrait offrir l’occasion d’apporter une telle précision.



*Prof. Dr. iur., Universität Zürich.
** lic. iur., wissenschaftlicher Assistent an der Universität Zürich.
1BGE 124 III 321 (Imprafot AG gegen Nintendo Co. Ltd. und Waldmeier AG).
2Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (SR 231.1).
3Bundesgesetz über Filmproduktion und Filmkultur (SR 443.1).
4D. BARRELET / W. EGLOFF, Das neue Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, 2. Aufl., Bern 2000, URG 12 N 1.
5M. REHBINDER, Schweizerisches Urheberrecht, 3. Aufl. , Bern 2000, Rn. 122.
6Vgl. den Überblick über die damaligen Lehrmeinungen bei M. ALTENPOHL, Zur Zulässigkeit des Parallelimportes von urheberrechtlich geschützten Produkten, 487 f.
7W. EGLOFF, Sonderregelung des Parallelimports in der Audiovision, sic! 1999, 487 f.
8Vgl. EGLOFF (Fn. 7), 488.
9S. JAROTHE, Die Filmpolitik der Europäischen Union im Spannungsfeld zwischen nationaler staatlicher Förderung und US-amerikanischer Mediendominanz, Frankfurt am Main 1998, 40; H. RÜTTER / V. VOUETS, Schweizer Filmbranche und Filmförderung: Volkswirtschaftliche Bedeutung und europäischer Vergleiche, Bern et al. 2000, 67.
10Vgl. Die Erläuterung der Expertenkommission zum Gesetz über die Filmproduktion und die Filmkultur, Art. 35 Anpassung eidgenössischen Rechts.
11Siehe dazu die Definition bei R. ZÄCH, Schweizerisches Kartellrecht, Bern 1999, Rn. 243.
12Vgl. hinten VI.4.
13BBI 200, 5429 ff.
14Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte vom 22. Mai 2001 (ABI. 2001 L 167/10 vom 22. Juni 2001), 12.
15R. M. HILTY, Verbot von Parallelimporten - Heimatschutz oder Schildbürgerstreich?, sic! 2000, 234 ff.
16Votum BIERI, Amtl. Bull. SR 2001, 536.
17BGE 122 III 480 (Chanel S.A. Genève und Chanel S.A. gegen EPA AG); dazu grundlegend M. BALDI, Die aussenwirtschaftlichen Bundeskompetenzen im Entwurf für eine Totalrevision der Bundesverfassung, Wirtschaft und Recht 1987, 401 ff.
18Vgl. Y. HANGARTNER, Selektive Vertriebssysteme als Problem des Wettbewerbsrechts, sic! 2002, 327; R. ZÄCH, Recht auf Parallelimporte und Immaterialgüterrecht, SJZ 1995, 301 ff.
19 Vgl. Art. 36 BV.
20Vgl. NZZ vom 26. September 2002, 18.
21SF DRS, Sendung 10 vor 10 vom 2. August 2002.
22So hat denn die deutsche Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmaufführungsrechten (GÜFA) ihren Mitgliedern in einem Rundschreiben, das den Verfassern vorliegt, bereits mitgeteilt, die neue Rechtslage in der Schweiz ermögliche es den Filmherstellern, den Vertrieb ihrer Bildtonträger selbst zu steuern. Insbesondere könnten sie "den Import in die Schweiz ausschliesslich selber vornehmen oder dafür einen einzigen Vertragspartner vorsehen". Dies erlaube es, "für den verkauf in die Schweiz höhere Preis vorzusehen als in der EU oder Drittländern." (!)
23Vgl. HILTY (Fn. 14), 235; D. HUG, Wie die Schweiz zur Preisinsel gemacht wird, TA vom 6. September 2002, 31.
24ZÄCH (Fn. 16), 304; R. ZÄCH, Sind die wettbewerbsrechtlichen Spiesse der KMU im Vergleich zu Grossunternehmen gleich lang?, iin: J. Furrer / B. Gehrig (Hg. ), Aspekte der schweizerischen Wirtschaftspolitik, FS für Franz Jaeger, Chur / Zürich 2001, 376 f.
25KRAMER (Fn. 18), 162.
26Zur Folgenabwägung bei der Auslegung: R. ZÄCH, Tendenzen der juristischen Auslegungslehre, ZSR 1977, 318 ff.; KRAMER (Fn. 18), 182 f.; J. ESSER, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, Frankfurt a.M. 1970, 139 ff.
27Vgl. auch vorne VI. 1.
28 
Vgl. TA vom 4. September, 29; NZZ vom 4. September 2002, 13; R. ZÄCH, Erfahrungen mit dem neuen Schweizerischen Wettbewerbsrecht, in: Die Zukunft der Wettbewerbsordnung und des Kartellrechts, Köln et. al. 2001, 89 f.; R. ZÄCH, Sind die wettbewerbsrechtilchen Spiesse der KMU im Vergleich zu Grossunternehmen gleich lang?, in: J. Furrer / B. Gehrig (Hg.), FS für Franz Jaeger Chur / Zürich 2001, 376 f.; G. Kirchgässner, Zu Ungunsten der Konsumenten, CASH vom 28. Juni 2002, 38.



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